Gesendet von Oli: 16:03 - 24.06.2003
Suzuki DR-Z 400 S Das Konzept für die DR-Zs ist ein von anderen Herstellern (Yamaha) bekanntes: Man nehme einen Rahmen, der in seinen wesentlichen Dimensionen einem Viertelliter-Zweitakt-Crosser entlehnt ist, und konstruiere da hinein einen 400er-Viertakter, der vom 08/15-Fahrer leichter zu beherrschen und auch pflegeleichter ist als ein giftiger Zweitakter. So erhält man ein kompaktes, leichtes, wendiges und konditionsschonendes Offroad-Bike für alle Zwecke.
Dass Suzuki daraus mit der «S» gleich auch noch eine Soft-Enduro-Variante ableitete, ist angesichts des Verkaufserfolgs, den man in den Neunzigerjahren mit der DR 350 in diversen Varianten hatte, nur logisch.
Um Missverständnissen vorzubeugen, bedarf die Suzuki-Typologie erst einer kurzen Klärung. Suzuki produziert drei Versionen der DR-Z 400. Die schärfste ist die kompromisslose Hardenduro DR-Z 400. Sie ist mit 113 kg trocken stolze 19 kg leichter als unsere Testkandidatin. Davon gehen 6 kg auf Kosten des kompletten Elektrostarter-Systems der S inklusive komplizierterem Kabelbaum und aller nötigen Elektroelemente. Weiter ist die vordere Bremsscheibe an der S mit 3,5 mm um 0,5 mm dicker, der Benzintank besteht aus Stahl anstatt Plastik, sie trägt eine Blinkanlage und Bordwerkzeug in der Hecktasche.
Die DR-Z ohne «S» holt aus dem auf 12,2 : 1 verdichteten und mit 39er-Keihin-Flachschiebervergaser an Stelle des 36er-Gleichdruckvergasers der S aufgerüsteten Vierventiler 49 PS heraus, also 10 Pferde mehr als die S. Sie ist ab Werk kürzer übersetzt, hat einen um 0,2 Grad flacheren Lenkkopfwinkel sowie Federelemente, die auch in der Einwärtsdämpfung einstellbar sind.
Zwischen der Hardcore-Version und der S gibts noch die DR-Z 400 E, die aber in der Schweiz nicht angeboten wird. Diese ist technisch identisch mit der DR-Z 400, hat aber einen Elektrostarter an Stelle des Kickers und wiegt demzufolge trocken 119 kg.
S wie sanft
Auf den ersten Blick lässt sich die S von ihren Schwestern nur am serienmässigen Werkzeugtäschchen hinter der fast Crosser-mässig flach verlaufenden Sitzbank, am längeren Nummernträger, der grösseren Heckleuchte, der Blinkanlage sowie am grossen Kombiinstrument, das Tacho, Kilometerzähler und einen luxuriösen Tripmaster in sich vereint, unterscheiden. Ach ja, und natürlich an den Reifen. Anstatt grober Stollenfinken sind zwei moderate Bridgestone Trail Wing mit einem 95-%-Strassen-profil aufgezogen.
Wir besteigen also die S und stellen fest, dass sich die Sitzhöhe von 935 mm genauso anfühlt, wie sie sich liest: saumässig hoch. Auch die S passt also nur für Leute ab einsachtzig oder Gleichgewichtsexperten. Ebenfalls Hardenduro-mässig kommt die Sitzbank daher; zwar nicht kantig und bretthart, aber schmal, kurz und im hinteren Teil nur knapp gepolstert. Aber das macht nichts, denn wegen der zwar schön filigran geschmiedeten, aber hoch angebrachten Alu-Soziusrasten wird der Hinterbänklerplatz sowieso nur auf kürzere Distanzen besetzt bleiben, obschon eine mögliche maximale Zuladung von 191 kg sogar für ein Zweierbesatzung plus Feriengepäck gut wäre.
Beim ersten Druck aufs Konditionssparknöpfchen blubbert der Vierventiler sofort aus dem gut gedämpften Stahlendtopf los. Nur bei kalten Temperaturen muss der Chokeknopf links am Vergaser gezogen werden. Im Cockpit zünden einem sehr gut erkennbare, helle Kontrolleuchten heim. Wer sich mit dem Tripmaster im Kombiinstrument vertraut machen will, sollte erst die diesem Thema gewidmeten, leicht verständlichen 9 (!) Seiten im Handbuch anschauen. Kurz: es gibt zwei Trip-Distanzen, die je nach Einstellung unabhängig voneinander entweder auf Additions- oder Subtraktionsmodus eingestellt werden können, dazu gibts eine Justier- sowie eine Timer- und Stoppuhrfunktion. Auf Autobahnetappen lässt sich das Ganze in Musse einüben.
Womit wir beim Thema wären. Mit der Dual-Sportlerin will ich ja sowohl zur Arbeit fahren können wie auch am Feierabend die kleine Tour um den Hausberg drehen. Und es muss zudem auch eine längere Tour, eine Ferienreise auf schotterhaltigen südliche Spielwiesen oder ein Anfängerrallye drinliegen.
Also fahren wir erst einmal Autobahn. Der Windschutz der Lampenmaske ist wie erwartet gering, trotzdem zeigt der Tacho fast 150 km/h. Dabei ist der Geradeauslauf immer noch in Ordnung. Aber nach 120 Kilometern in diesem Tempo stellt man den Benzinhahn bereits auf Reserve. Bei Dauervollgas genehmigt sich der Kurzhuber bis zu 7 Liter auf 100 km! Wer allerdings dauernd so fährt, hat entweder das falsche Bike gekauft oder ist ein «Journi» auf Testfahrt. Denn wenn das Tempo auf etwa 115 km/h reduziert wird, senkt sich der Verbrauch auf gut 4,5 Liter. Damit lässt sichs gut leben, besonders weil auch das Programm «Pass- und Landstrasse sehr zügig» kaum mehr kostet.
Die Fahrerposition passt im Sitzen wie im Stehen. Dank der flachen Sitzbanklinie lässt es sich sehr gut nach vorne rutschen. Im Rastenbereich ist die DR-Z ebenfalls sehr schlank. Lenkerkröpfung und Handhebel passen. Die Spiegel vermitteln auch noch im dicken Goretexgewand 50-prozentige Rück-Sicht.
Nicht nur orgeln
Das Sahnestück der Suzuki ist der laufruhige, sehr direkt ansprechende und drehfreudige Motor. Man merkt diesem Herzen an, dass es für den Spitzensport konstruiert wurde und eigentlich mit der Leistung, die es in der «S» als Volksläufer bringen muss, nicht wirklich gefordert ist. Von unten weg ist Kraft da. Im präzisen, mit kurzen Wegen schaltbaren Getriebe, das ohne «Overdrive» oder sonstige unnatürliche Sprünge auskommt, befindet man sich auch innerorts sofort im vierten Gang. Und wenn man den an der Ausserortstafel aufzieht, setzts keine Schüttelorgie ab, sondern die DR-Z dreht sauber hoch bis Tempo 125.
Aber man kann auch bei Tempo 55 schon die letzte «Wähe» reindrücken. Auf einen «hackenden» Kolben horcht man danach vergeblich, obwohl laut Diagramm dabei erst knapp 3000/min anliegen. Natürlich, wer wirklich mit Schub wegfahren will, schaltet in den Dritten zurück. Orgeln bis zur Nenndrehzahl ist trotzdem nicht nötig. Schneller ist, wer den Drehmomentbuckel ab gut 5000/min ausnützt und hoch schaltet, bevor der bei 6700/min wieder abfällt. Merken tut das jeder, auch ohne Drehzahlmesser.
Fahrwerk: Soft
Sowohl auf engen Landsträsschen wie auf Schotterpfaden befindet sich die DR-Z in ihrem Element. Der Wecker bietet unter diesen Umständen jederzeit genügend Leistung, Die Bremsen reichen ebenfalls aus. Nur die lange Gummileitung der vorderen Einscheibenanlage bietet nicht ganz den knackigen Druckpunkt einer Strassenmaschine, ihre Leistung reicht aber auch auf Teer aus, die Dosierbarkeit ist gut. Die dicke 49er-Telegabel macht Vollbremsungen souverän mit, ohne sich unangenehm zu verwinden.
Nur eines nervt bei aggressivem Fahrstil und über Wellen: Die Federelemente sind in ihrer Gesamtabstimmung auf der komfortablen Seite angesiedelt. Sie tauchen entsprechend tief ein und wippen beim Ausfedern vorne wie hinten nach. Zwar lassen sich Telegabel wie Zentralfederbein in der Einwärtsdämpfung über jede Menge Klicks (siehe «Technische Daten») verstellen, aber das Dämpfungsverhalten ändert sich dadurch nicht entscheidend. An der Zugstufe lässt sich nichts drehen.
Wohlverstanden: instabil wird die S deswegen nie. Man wünscht sich einfach weniger Bewegung im Gebälk, damit zum Beispiel im Kurveneingang der Übergang von der Bremskompression in die Schräglagenkompression der Gabel etwas ruhiger vonstatten ginge und das Heck unten bliebe. Oder damit man im Kurvenausgang bedenkenloser die Drosselklappe auf Anschlag drehen könnte. Aber wer will denn mit einem klassischen Enduro-Wandertöff immer am Limit rumheizen? Doch nur wieder die beknackten Journalos!
Praktisch und schön
Auch Liebe zum Detail haben die Offroad-Freaks bei Suzuki USA, wo die DR-Z 400 S erdacht wurde, bewiesen. Es gibt neben der Blinkanlage einen guten H4-Scheinwerfer, aber auch vier Gepäckhakenösen im Rahmenheck und einen abschliessbaren Helmhalter. Lauter Dinge, die man auf der Ferienreise und im normalen Strassenbetrieb nicht missen möchte.
Und von der stollenbewehrten Offroad-Sektion hat die S den klappbaren Schalt- und Bremshebel, die massive Alu-Motorschutzplatte, die für den zackigen Hinterradwechsel konzipierte hintere Bremssattelaufnahme in einem T-Frässtück des Bremsankers, die leichten Aluminiumfelgen und -radnaben, das über drei Schnellverschlüsse im linken Seitendeckel blitzschnell zugängliche Luftfilterelement und natürlich das spritzige Sportlerherz geerbt.
All dies hat seinen Preis. Mit 12 850 Fr. ist die DR-Z 400 S kein Sonderangebot. Aber das kann man von einer aus der neuen Generation der ultrakompakten, agilen Mittelklasse-Hardenduros abgeleiteten Softenduro auch nicht erwarten.
Suzuki verbindet in der DR-Z 400 S echte Hardcore-Technik mit problemloser Alltagstauglichkeit und definiert so den Begriff Softenduro im Jahr 2000 ein Stück weit neu.
Quelle:
www.motorsport.ch
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